Nun wurde es also Zeit, in Berlin die Zelte abzubrechen, und die Rückreise anzutreten. Martin hat sich wieder bereiterklärt, mich zu begleiten. Das gibt mir natürlich ein beruhigendes Gefühl, da er sich, wie auf der Hinfahrt unter Beweis gestellt, bestens mit Dieselmotoren auskennt. Und abgesehen davon mindestens genauso wichtig: Wir hatten auf dieser Reise auch jede Menge Spaß!

Das Auto rappelvoll mit Proviant für eine Woche völlig autarken Lebens auf dem Wasser reisten wir bereits gestern nach Berlin und schafften erst mal alles aufs Boot. Der Aegir wurde einer groben Grundreinigung und ein paar technischen Checks unterzogen, die Eisfreianlage abgebaut, und auch die Maschine ließen wir mal eine halbe Stunde probelaufen.

Am heutigen morgen verschlief ich völlig überraschend, bis mich Martin dann weckte. Es war bereits hell, und wir legten so „erst“ 7:30 Uhr ab. Ich muss schon zugeben, dass mich ein wenig Wehmut überkam, den Liegeplatz beim „Schiffskontor“ in Berlin Stralau zu verlassen, denn ich habe die Zeit, die ich hier gelegentlich im Winter auf dem Boot verbringen konnte, wirklich sehr genossen.

 An dieser Stelle also noch einmal ganz herzlichen Dank an Kirk Schormann, den Geschäftsführer vom „Schiffskontor“!

Wir hatten beschlossen, durch den Teltowkanal Richtung Westen zu laufen und unterwegs in der Alten Spree an einer Wassertankstelle noch einmal die Tanks und weitere 70 L in Kanistern Diesel zu bunkern. Das Wetter war bescheiden, und gerade beim Tanken gab es einen ordentlichen Guss.

Der angekündigte Sturm blieb aus unserer Sicht hinter den Ankündigungen zurück. So blieb die Fahrt unspektakulär. Allerdings war der Sturm immer noch kräftig genug, den „Kleinen Klaus“, unser auf dem Dach befindliches Beiboot, zu Flugversuchen zu animieren. Also ging Martin nach draußen, um ihn fester anzubinden, wo prompt sein Basecap dem Kleinen Klaus vormachte, wie man richtig über Bord fliegt. Das Wenden zum „Mütze-über-Bord“ Manöver gestaltete sich im Kanal bei Sturm schwierig, gelang aber schlussendlich im zweiten Anlauf.

Die einzige Schleuse des Teltowkanals, Kleinmachnow, kostete uns kaum mehr als 10 Minuten. Wir ließen Potsdam backbords liegen und fuhren über den Sacrow-Paretzer Kanal Richtung Brandenburg / Havel, was zu diesem Zeitpunkt noch als erreichbares Tagesziel erschien. Bis Martins geschulte Schraubernase einen erhöhten Dieselanteil in der Luft wahrnahm, was ihn zu einer Sichtprüfung des Maschinenraums veranlasste. Und tatsächlich: Aus einer Leckage sprudelte fröhlich der Treibstoff durch die Gegend. Ganz schlecht.

Brandenburg war schlagartig als Tagesziel abgewählt, stattdessen suchten wir auf der Karte und im Netz hektisch nach der nächstmöglichen Anlegestelle und fanden einen vermeintlich rettenden Hafen in einigen km Entfernung. Es handelte sich um den Wasserwanderrastplatz Schleuse Paretz, direkt am Eingang des Havelkanals.

Erleichtert legten wir an der Steganlage an, schalteten sofort die Maschine aus und waren froh, es hierher geschafft zu haben. Ein Leck im Kraftstoffsystem ist nichts, womit man auch nur einen Meter mehr als unbedingt nötig fahren möchte oder sollte. Wie in jedem Hafen üblich, riefen wir die ausgehängte Nummer des Hafenmeisters an, um uns anzumelden. Und erlebten Unglaubliches:

Der Hafenmeister, der sich als der Eigentümer der Anlage vorstellte, ließ mich kaum ausreden und blaffte mich an, das Gelände sei abgeschlossen, ein Anlegen nicht möglich. Der Erklärungsversuch, wir seien ja bereits da, könnten auf Grund einer Havarie unmöglich weiter fahren und würden auch keinerlei Infrastruktur, geschweige denn ein geöffnetes Gelände benötigen, wurde unfreundlichst abgewiesen. Das Gelände sei im Winter nicht versichert, ein Anlegen auch im Havariefall nicht erlaubt, und wenn wir es bis dahin geschafft hätten, kämen wir wohl auch noch ein paar km weit irgendwoanders hin. Wir könnten doch die Fähre (!) fragen, ob wir dort anlegen könnten. In jedem Fall sollten wir umgehend wieder verschwinden. 

Man erlebt ja auf dem Wasser so einiges an Dummheit und Unverfrorenheit. Aber dass jemand ein ernsthaft havariertes Boot, dem in Fahrt Manövrierunfähigkeit oder sogar ein Feuer droht, einen Aufenthalt verweigert und es zwingt, die Maschine wieder anzuschmeißen und wieder auf die Bundeswasserstraße zu fahren, habe selbst ich noch nicht erlebt.

Ich kann also allen Lesern dieses Blogs, die irgendwann einmal die Strecke zwischen Brandenburg und Berlin befahren, nur raten, um diesen Hafen einen Bogen zu machen. Denn dort trifft man an Stelle von guter Seemannschaft auf Faulheit, Ignoranz und… Ach, da möchte ich das passende Wort jetzt lieber hier nicht verschriftlichen.

Da wir natürlich fremdes Eigentum respektieren, legten wir wieder ab, suchten weiter in Karten und Web nach einer Alternative, die wir im städtischen Anleger der Stadt Ketzin fanden. Hier gibt es eine schöne Steganlage mit etwa 40 Plätzen, Strom und einem kleinen Sanitärgebäude. Im Vergleich zum Totalausfall „Wasserwanderrastplatz Schleuse Paretz“ ein wahres Wassersportparadies.

Einzig die Bezahlung des Liegegelds misslang heute, da die ausgewiesene Inkasso-Stelle, die direkt angrenzende Tourist-Information, bereits geschlossen und auch das Handy der angegebenen Nummer ausgeschaltet war.

Wir entschlossen uns daher, im wahrsten Sinne des Wortes etwas Geld in die hiesige Wirtschaft zu investieren, nämlich in ein Abendessen im besten Haus am Platz, dem Restaurant „Am Markt“. Außerdem steckten wir ein paar Euro in die Stromsäule. Martin hatte den Defekt, eine Undichtigkeit an der Dieselzuleitung eines Einspritzventils, natürlich noch vor dem Abendessen repariert. Hoffen wir.

Ich habe übrigens dann nochmal versucht, herauszufinden, wer der Betreiber des Hafens Paretz ist. Unmöglich. Der hat noch nicht mal eine Webseite. Allerdings ist er in einigen Online-Marinaführern gelistet, die überwiegend noch auf eine erste Bewertung dieses Hafens warten. Kann er haben. Und in meinem Branchenverband, dem Wirtschaftsverband Wassersport, werde ich mich auch mal umhören, ob jemand dieses %)&“%=!!*kennt.

 

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